VMC into IMC – Erste Instrumentenflug-Erfahrungen im Simulator von TL-Aviation

VMC into IMC – Erste Instrumentenflug-Erfahrungen im Simulator von TL-Aviation

Unser Mitglied Philipp Lüders hat sich im Simulator von TL-Aviation in Mönchengladbach (EDLN) mit dem Thema „VMC into IMC“ auseinandergesetzt und hat uns freundlicherweise seine Erfahrungen unter dem Titel „Mehr Präzision“ aufgeschrieben:

„Mehr Präzision

Es ist das Horrorszenario eines jeden Piloten. Man plant einen gemütlichen VFR Flug und stellt bereits bei der Planung fest, dass die Sicht vereinzelt schlecht sein kann. Und plötzlich der Moment bei dem man von VMC in IMC gerät. Man schaut aus dem Fenster und sieht nur noch weiß, auch als Whiteout bekannt. Nun fehlt dem menschlichen Auge jeglicher Kontrast oder Bezug zu einem Horizont, der ihm etwas über die Lage des Flugzeugs verrät.

Wer nun als Pilot auf seine Sinneswahrnehmung hört macht einen tödlichen Fehler. Die von Otolithen und Zillen ausgestrahlten Signale im Mittelohr senden Bewegungen aus der Vergangenheit und lassen etwas völlig falsches wahrnehmen. Grund hierfür ist die Trägheit dieses Sinnesorgans. Jeder der auf einem Karussell war weiß das.

Aus Gewohnheit wird die falsch gesendete Beschleunigung nach rechts nun vor dem geistigen Auge als Linkskurve wahrgenommen und der ungeübte Pilot steuert nach rechts. Aufgrund der Trägheit im Ohr wird dieses Gefühl der Beschleunigung nach rechts auch noch verstärkt. Ein graveyard spin ist nun kaum noch aufzuhalten.

Gut, dass es Instrumente gibt, die einem geübten Piloten die Wahrheit mitteilen. Die einfachste Form des Instrumentenflugs funktioniert bereits mit Hilfe des klassischen Sixpack, bestehend aus dem Fahrtmesser, dem künstlichen Horizont, dem Höhenmesser, dem Wendezeiger, dem Kurskreisel und dem Variometer.

Am 09.05.2019 und am 13.06.2019 kam ich in den Genuss eine solche Situation einmal in einem Simulator bei der Flugschule TL-Aviation in Mönchengladbach zu testen. Diese bildet u.a. angehende IFR Lehrer aus. Ich hatte nun die Ehre an diesen Tagen als IFR Schüler-Dummy einzuspringen. Mein vor einem Jahr erlangter AZF half hierbei ungemein, denn IFR ist grundsätzlich in englischer Sprache und die Redewendungen sind andere als bei VFR.

Nun sitzt man zwei Stunden im Simulator und spürt weder Beschleunigung, noch Kurvenflug oder Steigen bzw. Sinken. Ideale Voraussetzungen sich anzugewöhnen nicht auf seine Sinnesorgane zu hören sondern nur nach Instrumenten zu fliegen.
Nach Einstellung des Cockpits, Vorflugkontrolle und Briefing für eine simulierte PA-28 startete ich gem. POH und stieg auf 5000ft Reisehöhe. Dort angekommen machte ich mich mit den Instrumenten vertraut. Was passiert bei Beschleunigung (steigen bzw. sinken), Kurvenflug 10°, 20°, 30°, 45° (auf die Pitch des KH achten) mit und ohne Klappeneinstellung, Halten der Geschwindigkeit, bis schließlich die Landung mittels ILS approach inklusive abhören der ATIS, ausfahren der Klappen und des Fahrwerks, eingeleitet wurde. Und plötzlich das schöne Gefühl wenige Sekunden vorm Aufsetzen die Landebahn vor sich zu sehen. Unglaublich wie genau man bis zur Schwelle herangeführt wurde, ohne es vorher mit eigenen Augen gesehen zu haben. Das ist Instrumentenflug pur.

Letztlich ging es darum die Energie des Flugzeugs jederzeit so zu managen, dass die Geschwindigkeit, die Höhe, die Steigrate und der Kurs, mittels Pitch, Power und Bank gehalten werden. Nach diesen zwei Stunden fühlte ich mich nicht wie ein VFR Pilot. Eher wie ein Bediener an einer Anlage der virtuell alles unter Kontrolle hat.

Fazit: das schnelle und richtige Ablesen der Instrumente ist reine Übungssache. Während ich anfangs sehr viele kleine Fehler gemacht habe ist dieses bereits nach wenigen Minuten durch ruhiges Einleiten der Steuerbefehle in ein sehr präzises Fliegen übergegangen. Der Simulator ist sicher. Er verzeiht anders als ein richtiges Flugzeug wirklich jeden Fehler. Und den macht man als ungeübter Pilot ganz bestimmt. Außerdem gibt es im Simulator keine Sinneswahrnehmung, so dass man automatisch ein besseres Gefühl für die Instrumente entwickelt.

Obendrein hat es riesigen Spaß gemacht, da man nach einer solchen Session im Kopf einiges geleistet hat. Mich jedenfalls stimmt so etwas sehr glücklich, zumal man auch fast spielerisch seine eigenen Fähigkeiten verbessert. Und sollte ich nun, was hoffentlich nie vorkommt, von VMC in IMC geraten, habe ich mit der gesammelten Erfahrung garantiert bessere Chancen aus der Situation unbeschadet herauszukommen, als zuvor.

Fliegen im Simulator nah IFR ist für mich der nächste Level zur Präzision und zum besseren, zum geübten Piloten.

Euer Philipp“

Wer Interesse hat, diese Erfahrungen selber einmal nachzuvollziehen, kann sich gerne an unser Mitglied Jan Schnitzler wenden, er führt bei und für TL Aviation entsprechende VMC into IMC Workshops im Simulator durch. 

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